von Birgit Faschinger-Reitsam
Saraswati ist das Fließen und die Stagnation. Sie ist das Sinnvolle im Sinnlosen.
Saraswati ist der fruchtbare Kompost, wo andere nur Dreck sehen. Ein Tümpel voll Brachwasser für die einen, für die anderen ein zauberhaftes Universum voll quakender Frösche, die auf Seerosen ihr Konzert geben.
So kann frau das auch sehen. Und dazu brauchte es bei mir ein Seminar:
Allgäu im Juni. Starkregen. Ein verträumtes Seminarhaus taucht nach anderthalb Stunden Autobahnfahrt vor mir auf. Irgendjemand hat den Stecker rausgezogen. Drei Tage offline für eine Bloggerin. Ich bin auf Entschleunigungskurs.
Saraswati, die indische Göttin auf dem Schwan, mag für vieles stehen. Für die Künste, die Weisheit und Gelehrsamkeit. Für mich ist sie: Die alles wieder in den Fluss bringt.
So will sie von mir wissen:
„Wo sind die Tümpel voll Brachwasser in meinem Leben? Wo ist Stagnation?“
So direkt darf nur eine Göttin fragen. Und sie will mehr. Sie will, dass ich Stagnation spüre. Mit all meinen Sinnen empfinde. Wie fühlt es sich an, zu verharren, unbeweglich und starr zu sein? Und nicht im Fluss. Allein das zum Ausdruck zu bringen klärt trübe Gewässer.
Sie verlangt, dass ich auf mein Leben schaue und will wissen, wo ich mich zurückhalte. Ausweiche. Auf einem Abstellgleis campiere und das schon lange…
Und sie lehrt uns, dass wir es sind, die entscheiden, ob und wie lange wir im Trüben verharren. Sie schenkt uns das Wissen die Nebel zu transformieren.
Und sie wäre keine Göttin, wenn sie nicht die erlösende Frage stellte:
„Wie ist es, ein Fluss zu sein?“
Sie will es genau wissen. Gibt sich nicht nur mit einem beiläufigen Satz zufrieden. 10 Minuten hört sie mir zu, bohrt nach. Mit ungeteilter Aufmerksamkeit will sie immer wieder wissen: „Wie ist es, ein Fluss zu sein?“
Schließlich lädt sie uns ein, ihr zu huldigen und uns auf ihre feine Schwingung einzustimmen. Einhundertacht mal chanten wir das Keimmantra und verbinden uns mit ihr. Nun sind wir bereit, ihr Fragen zu stellen.
Und Saraswati antwortet. Mir in Form von Schwingung. Mit feinen Bewegungen. Noch vor ein paar Jahren hätte ich nicht kapiert, dass Antworten auch derart ausfallen können. Ich verstehe auf einer sehr feinstofflichen, dennoch körperlichen Ebene. Ich weiß genau, was gemeint ist – bis zu dem Moment, in dem ich es dir erklären müsste.
Und da schließt sich für mich der Kreis. Da ich mich seit geraumer Zeit um Füße oder genauer gesagt um Fußprobleme von Frauen rund um die Wechseljahre beschäftige, wird mir ein Zusammenhang klar:
Fußprobleme sind – metaphorisch gesehen – Tümpel:
- Da herrscht Stagnation (Arthrose)
- Da stochern wir beruflich oder privat im Nebel und finden nicht die Kraft, zu uns zu stehen.
- Da verlieren wir unsere Aufrichtung und unseren festen Stand, wenn wir zu sehr in der Scham gefangen sind und neigen zu X-Beinen und Ballenzehen.
- Wir finden keinen festen Halt und krallen uns fest (Hammer- und Krallenzehen).
- In trüben Gewässern weichen wir immer wieder aus und verlieren unser Ziel aus den Augen. (Knieprobleme)
Und Saraswatis Medizin ist ein Mix aus Entspannung; Kontakt zu unserer weiblichen Schoßkraft und Weisheit. Tanz und Gesang, Musik und Kunst. Achtsame Berührung, Lächeln und Gespräche, die zu Herzen gehen.
Mit wachsendem Respekt und Entzücken nehme ich wahr: „Wir sind Wurzel und Blüte zugleich“.
Wurzeln wollen genährt werden und brauchen Kompost. Ruhe und Stagnation sind per se nichts Schlechtes. Nur um ins Blühen zu kommen, brauchen wir die Qualität des Fließens und der Hingabe.
Und die lehrt uns Saraswati
Und es braucht Frauen wie Claudia Taverna, die den Mumm haben, so ein klasse Retreat zu organisieren. Vielen Dank für diese bereichernde Auszeit – Alles Liebe und Grüße an die Füße
~ Birgit Faschinger-Reitsam, www.Draufgängerin.de
Saraswatitext und Postkarte: Claudia Taverna