Warum fühlen sich Menschen veranlasst, zu bestreiten, dass sie dass sie Teil einer patriarchalen Gesellschaft sind ? Warum reagieren viele so verärgert ? Und wie kann es sein, dass etwas, was als nicht existent bezeichnet wird, bei dessen Nennung gleichzeitig solch starke Gefühle und Emotionen auslöst?
Immer wieder beobachte ich, dass sowohl Männer als auch Frauen mit großem Widerstand auf die Tatsache reagieren, dass sie auch heute noch in einer sehr stark patriarchal geprägten Gesellschaftsform leben. Sie verneinen, dass das Patriarchat immer noch existiert, dass wir in einer androzentrierten Gesellschaft leben, die nach männlichen Prinzipien dys-funktioniert, Frauen diskriminiert, ihnen das Leben unverhältnismäßig schwer macht und ihnen in vieler Hinsicht viel zu wenig Schutz und Unterstützung bietet.
Meiner Wahrnehmung nach verstecken sich im Kern des Widerstands und Ärgers -wenn es ums Thema Patriarchat geht- seitens der Männer massive Schuldgefühle und unter dem Widerstand und Ärger der Frauen tiefe Ohnmachtsgefühle.
Männer wollen sich aber nicht schuldig fühlen und Frauen wollen sich nicht ohnmächtig fühlen, weil diese Gefühle die Verbindung zu ihren Ur-wunden, ihren Ur-Traumata herstellen.
Während sich Männer mit ihrem Widerstand, das herrschende Patriarchat zu benennen, davor schützen wollen, in die Rolle des Schuldigen gedrängt zu werden, wehren sich Frauen dagegen, als Opfer angesehen zu werden. Männer schämen sich für die Schuld und Frauen schämen sich, Opfer zu sein.
Obwohl Männer im Patriarchat viel mehr an Schuld mittragen, weil sie schon immer die hauptsächlich Ausführenden waren, und Frauen zum größten Teil die Erduldenden, muss man sagen, dass eine einseitig männlich dominierte Gesellschaft allen Geschlechtern Schaden zufügt. Dass letztendlich nicht nur Frauen sondern auch Männer Opfer davon sind.
Das Benennen des real existierenden Patriarchats ist der erste Schritt, dass wir anerkennen, womit wir es zu tun haben, anstatt zu verdrängen, was uns in der Tiefe prägt und lenkt.
Jeder Mann, der fähig ist, seinen Irrtum in Liebe anzuerkennen, dass er dieses unausgewogene Gesellschaftssystem mit unterstützt hat, kann endlich zulassen, das abgespaltene Schuldbewusstsein mit Güte zu empfangen, indem er das, was in dieser Hinsicht gehört und gesehen und gefühlt werden möchte, zulässt, um es in die Ganzheit seines Wesens zu integrieren.
Jeder Frau, die fähig ist, ihren Irrtum in Liebe anzuerkennen, dass sie dieses unausgewogene Gesellschaftssystem mit getragen hat, kann endlich zulassen, das abgespaltene Opferbewusstsein mit Güte zu empfangen, indem sie das, was in dieser Hinsicht gehört und gesehen und gefühlt werden möchte, zulässt, um es in die Ganzheit ihres Wesens zu integrieren.
Denn wenn diesen Schuld- und Ohnmachtsgefühlen der Ausdruck weiter verweigert wird und sich die innere Not nicht ausdrücken darf, werden sich Menschen diesbezüglich weiterhin allein auf die Emotion des Ärgers beschränken. Dann wird das, was herausfordert und überfordert, einfach weiterhin vehement abgelehnt. Business as usual. Zugunsten eines geringstmöglichen Energieaufwands, um weiter zu dys-funktionieren in einer dys-funktionalen Gesellschaft.
~ claudia@womanessence
Bild: Mitchel Griest, Actionvance, Unsplash CC0, bearbeitet mit Canva
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