Womanessence Retreats & Womencircles

Claudia Taverna

…und plötzlich bist du nur noch Zuschauerin in deinem eigenen Leben


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Teresa war Teilnehmerin des Maria Magdalena Retreats. Beim gemeinsamen Essen erwähnte sie, dass sie einen schweren Autounfall überlebt hatte. Dazu wollte ich gerne  mehr wissen und bat sie, mir  davon zu erzählen. Lies hier Teresas Geschichte:
Der Unfall 2010, ich habe ihn nicht kommen gesehen und nicht kommen gespürt. Ich war am Abend zuvor noch beim Salsa tanzen. Aber ich war nicht bei mir, nicht in mir. Denn Ich war in einer Lebensphase der Überholspur. Schneller, höher, weiter.
So hat mich der Unfall erwischt, ich saß bei einem Studienkollegen hinten im Auto nach unserem Praktikum. Schneeglätte, rutschen, Frontalzusammenstoß mit einem LKW.
Und dann? Beide Arme taub- ein (überlebens-)wichtiges Zeichen für meine Erstretter, die uns aus dem Autowrack schnitten.

Polytraumata d.h. mehrere lebensbedrohliche Verletzungen: einerseits der Genickbruch (2. Halswirbel komplett durchgebrochen) und andererseits die gerissene Milz, woran viele Unfallopfer innerlich verbluten, dazu 7 gebrochene Rippen und das Brustbein, Leber-Nierenquetschungen, ein Gerinnsel im Kopf.

 
Was dann kam, war mein persönlicher Albtraum, führte mich an den Tod heran (ein Segen, der kaum in Worte zu fassen ist) und öffnete mich für das pure Leben.
 
Ich erwachte aus dem Koma auf der Intensivstation und konnte mich nicht bewegen- nichts bewegen außer den Augen.
Ich war Zuschauerin meines Lebens von jetzt auf gleich. Ohne (mit-)sprechen zu können- ohne Möglichkeit zur Kommunikation mit Außen. Hilflos, künstlich ernährt, beatmet.
Im Kopf kramte ich nach Wissensstücken, doch sie waren völlig abstrakt und entglitten mir sofort wieder. War mein Gehirn geschädigt? Meine Gedanken überschlugen sich, verknoteten sich und ich dachte jetzt werde ich wahnsinnig. JETZT drehe ich durch. Das KANN ich nicht mehr länger aushalten!
Dann merkte ich, dass es weiterging- einfach so, erbarmungslos. Und so ließ ich meinen Geist frei. Und fand mich im Tanz wieder. Ich bewegte mich, tanzte Schritte, drehte mich und hörte die Musik, ich floß dahin im Tanz.
Das ist bis heute meine Freiheit. In mir. Egal wo und unter welchen Umständen, kann ich immer wieder an diesen Ort, denn mein Geist ist ohne Grenzen. Wahrhaftig.
 
Ja, ich hatte keine Wahl als mich dem Leben hinzugeben, das ich gewohnt war zu „kontrollieren“. Loslassen. Vertrauen. Geschehen lassen. Empfangen.
 
Und: Ich konnte intensiv fühlen z.B. Die Hand meiner Mama, ihren Schock, ihren Schmerz und ihre Kraft. Ich konnte meine eigenen Gefühle wahrnehmen, alle gleichzeitig.
Ich fühlte mich wie ein Baby, das die Umwelt wahrnimmt, gepflegt wird und sich dem Leben völlig hingibt. Und hatte in mir die Hoffnung, wieder selbstständig werden zu können z.B. laufen (nach dem Bett ging es erstmal in den Rollstuhl- was für eine Erfahrung mit anderen Menschen, wie sie auf mich reagierten) auf Toilette gehen, mich waschen und Zähne putzen, essen- ganz alleine! Ein Traum!
Schrittweise entwickelte sich alles. Schriftlich konnte ich mit meiner Umgebung kommunizieren. Fragen stellen. Juhuu!
Mit einer Apfelbaumschraube wurde der Wirbel mobil fixiert, operiert von vorne, vorbei an Luftröhre und Halsschlagader. Meine Milz war mit einer ersten Notoperation entnommen worden, Schnitt quer über den Bauch. Lebensrettend.
Der erste Schritt. Die erste Tanzbewegung- mir rannen die Tränen vor Überwältigung.
 
Wochen später sagten viele Bekannte, was mir doch Schlimmes widerfahren sei. Ich musste lächeln, denn es war ein GESCHENK des Lebens. Für mich ein wesentlicher Knotenpunkt in meinem Leben. Tiefe Dankbarkeit erfüllt mich. Gnade und Segen. Und eine Liebe, in alle Richtungen. Eine Liebe zu meinem Körper und zu mir. Ein Erkennen, dass meine Zeit noch nicht gekommen ist, obwohl es so sanft und friedlich gewesen wäre zu gehen. Ich freue mich darauf aber der Tod muss warten. Ich spüre auch ein JA zum Leben und der wertvollen Zeit. Auch für meine Aufgaben hier, wie auch immer sie sein mögen.
Ein Arzt in der Reha sagt einmal:

Es geht nicht um das WIEDER können,

sondern um das gut mit sich sein.

~ Teresa L.
Bild: Public Domain, CCO
Danke Teresa, dass ich deine Geschichte hier veröffentlichen durfte.

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2 Antworten zu “…und plötzlich bist du nur noch Zuschauerin in deinem eigenen Leben”

  1. Ich danke euch sehr fürs teilen. Ich kann fühlen welch Gnade und Dankbarkeit das „Schlimme“ hervorgebracht hat – und noch viel viel mehr. – lebensverändernd- ganz andere Sichtweise und Ausrichtung- wunderbar entstanden in der Hingabe in dem was ist. Bin in demütig Achtung für den Weg, den du gegangen bist bzw dir ermöglicht wurde zu gehen

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