Veröffentlicht am 6 Kommentare

„Abandon Hope – Gib die Hoffnung auf“

matthew-wiebe-unsplash-3

Wenn wir uns erst einmal der Bodenlosigkeit unserer Existenz gewahr werden, hört alle Selbsttäuschung auf. Wir werden still. Unsere Schritte werden behutsamer. Dankbarer. Empfänglicher. Alles wird plötzlich klar. Wir hören, wie  die Existenz selbst  zu uns spricht.

Ja, und da ist auch atemlose Angst. Und tiefe Trauer. Ernüchterung.

Die Erfahrung der Bodenlosigkeit bringt uns in Kontakt mit dem Existenziellen.

Das Bild, das mein Körper vor mich hinwirft, spricht klar und deutlich: Drei Bandscheibenvorfälle in der Halswirbelsäule. Das Röntgenbild ist katastrophal. Meine tragende Säule fühlt sich zwischen dem 4. und 7. Halswirbel gebrochen an, hat die natürliche Ausrichtung, die Balance verloren. Der Kehlkopf hat sich leicht nach vorne verschoben (ich hab es bemerkt, als ich die Asana der brüllenden Löwin praktizieren wollte und es mir nicht mehr gelang). Der Nacken, die Schultern und die  Arme sind verspannt bis in die kleinsten Fasern. Brennender Schmerz in den Armen beim Schreiben und Tragen zeigt mir die Belastungsgrenze.

Mir ist klar: Hier geht es um den Einklang von Ausrichtung, Handlung  und Kommunikation. Hier geht es um Integrität…oder ist das nur wieder Futter für den Verstand?

Die Selbsttäuschung endet spätestens dann, wenn der Körper anfängt, deutlich zu sprechen.

Mein Körper fühlt sich gebrochen an im Bereich zwischen Herz und Kopf. In gewissem Sinne hat hier Gewalt stattgefunden. Ein Kampf zwischen  alten Mustern und Glaubenssätzen wie „Ich bin nicht gut genug. Ich muss mich anstrengen, Leistung bringen, muss zur Verfügung stehen.“ und dem Herzen, das sagt: “ Ich will dienen. Ich will teilen. Ich will innere Not lindern. Ich will helfen, die Illusion der Trennung zu durchbrechen…“.

Aber wie kann ich dienen, wenn ich nicht zunächst mir selbst diene?

Wie kann ich teilen, wenn ich nicht auch Anteil nehme? Empfange. Für mich selbst hundert Prozent da bin. Sensibel bleibe für die Trennung in mir selbst.

Ich bin genug. Ich muss mich nicht anstrengen und Leistung bringen. Ich brauche nicht zur Verfügung zu stehen.  Ich brauche mich selbst nicht zu verlassen, um in Verbundenheit zu sein und zu dienen. Im Gegenteil.Ich kann mich garnicht verlassen. Die Trennung findet in der Fantasie des Verstandes statt. Und diese Trennung verursacht Schmerzen, Disharmonie und Leid auf allen Ebenen.

All das habe ich jetzt durch meinen Körper  erfahren dürfen.

Es ist wahr: Ich habe mir selbst Gewalt angetan. Tagtäglich. Mit verhältnismassig kleinen, aber sich ständig wiederholenden  Gesten. Habe mich übernommen. Nicht genug auf mich selbst geachtet.

Manchmal hab ich jetzt Angst um mich.  Die unabänderliche Wahrheit kratzt an mir. An meinem Körper. An meiner Existenz.

Was wäre, wenn  es letztendlich keine Hoffnung gibt, unversehrt zu bleiben, besser zu werden, das Leben ein für alle Mal „in den Griff zu bekommen“, die ultimative stabile Lebensposition zu erreichen,  alles loszuwerden, was uns schmerzt und ängstigt? Was, wenn all unsere schlauen Lösungsversuche letztendlich nur eine Beschäftigung für unseren begrenzten Verstand wären?

Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, erkennen wir, dass dies die Wahrheit ist.

Darum kann selbst die Hoffnung  zum trügerischen Ablenkungsmanöver werden. Sie kann uns davon abhalten, wirklich zu fühlen, wirklich im Moment zu bleiben.

Die Hoffnung kann uns über die Bodenlosigkeit  der menschlichen Existenz hinwegtäuschen.

Sie kann uns dazu verführen, ständig irgendetwas zu tun, anstatt dazubleiben und uns selbst und unsere Erfahrung auszuhalten, zu fühlen, zu spüren, uns fallenzulassen in diese Bodenlosigkeit.

Die Hoffnung kann uns davon abhalten, zu erfahren, wie wir gehalten sind in diesem Fallen. Sie bringt uns um die alles verändernde Erfahrung, dass da „etwas“ ist, was uns hält, wenn wir das Gefühl haben, dass alles auseinanderfällt….

Die Hoffnung kann uns ablenken von diesem immensen Gefühl der Zärtlichkeit für uns selbst und für dieses Leben.

~ Claudia@womanessence (inspiriert von Pema Chödrön´s Buch “When things fall apart -Heart advice for difficult times” und meinem Körper.

Bild: Unsplash

Wenn du gezwungen bist, dass Unerträgliche zu ertragen, stirbt etwas in dir. Das, was in dir stirbt, ist wer du meintest zu sein, jemand, die das Unerträgliche nicht ertragen könnte.

– Ram Dass

~~~

Lust auf eine nährende und inspirierende Auszeit im Kreise von Frauen?

Hier findest du alle aktuellen Womanessence-Frauenretreats

6 Gedanken zu „„Abandon Hope – Gib die Hoffnung auf“

  1. … und gestern habe ich dies reflektiert …

    “I ALLOW
    to Fear the Fear
    and I ALLOW
    to FEEL ALL Fears”

  2. “abandon hope”

    … eine Möglichkeit könnte sein …

    “I ALLOW and SURRENDER into TOTAL HOPELESSNESS”

  3. Liebe Claudia

    Danke💙🌹
    Ich habe versucht, Dich per Email zu erreichen. Leider kam die Mail zurück. Ich bitte Dich um die Erlaubnis, einige Deiner Texte auf unserem spirituellen Kanal Spiritscape lesen zu dürfen.

    Liebe Grüße
    Kirstin

    1. Liebe Kirstin, bitte versuch es nochmal, mich per E-Mail zu kontaktieren. Gerne darfst du meine Texte zitieren. Bitte achte darauf, dass du nur meine persönlichen Texte nimmst (Claudia@womanessence), denn für die Texte von Dritten kann ich selbstverständlich keine Erlaubnis geben. Vergiss nicht, meine Webseite zu nennen: http://www.womanessence.de Liebe Grüße Claudia

Schreibe einen Kommentar zu ctaverna Antworten abbrechen