Ein Gastblog von Sandra Zacherl
„Was darf ich sagen? Was darf ich schreiben?“
Dieses Thema beschäftigt mich seit Tagen. Ich schreibe ja immer wieder etwas hier (Anm.: in der privaten Facebookgruppe), dann schreibe ich über mich und das gestatte ich mir auch. Wenn ich eure Beiträge lese, kommen mir manchmal Gedanken dazu, aber ich schreibe sie nicht nieder, weil ich mich nicht traue, weil ich Angst habe, jemanden vor den Kopf zu stoßen. Wenn ich doch mal etwas schreibe, weil es aus mir raus drängt, dann sterbe ich tausend Tode aus Angst, ich könnte jemanden mit meinem Skorpion-Stachel verletzen.
Mich hat immer schon der Mythos von Kassandra fasziniert. Die Frau, die die Wahrheit gesagt hat, aber keiner hat ihr geglaubt und sie wurde gehasst dafür.
Oft habe ich Angst, meine Wahrheit zu sagen, weil ich denke, ich könnte jemanden damit verletzen und dann werde ich abgelehnt. Ich lehne mich manchmal selbst ab, denke „Wer glaubst du, wer du bist? Du bist anmaßend! Wie kannst du glauben, die Wahrheit sehen zu können? Und selbst wenn es so ist, wer will schon die Wahrheit hören?“ Ach ja und dann natürlich noch das Argument „Es gibt sie nicht, die Wahrheit, Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters.“
Ich habe eine liebe Freundin, mit der kann ich „üben“. Wenn wir zusammen sind, sage ich immer wieder Dinge, die ich mich fast nicht traue, zu sagen. Bei ihr kann ich es, weil ich der Tiefe unserer Freundschaft vertraue. Es ist meist so, dass genau das, was ich mich fast nicht traue zu sagen, bei ihr etwas anstößt, was eine heilsame Wirkung hat. Es ist dann immer wieder überwältigend für uns beide, wenn wir es bemerken. Sie bestärkt mich auch immer wieder darin zu sagen, was ich denke.
Wo ist die Grenze? Wann werde ich übergriffig? Darf ich ungefragt meinen Senf abgeben? Wie kann ich authentisch auf jemanden reagieren, ohne verletzend zu sein?
Erlebe ich nicht selbst oft genug wie schön es ist, wenn keine Ratschläge kommen? Was ist deins, was ist meins? In dieser Unsicherheit sage/schreibe ich lieber nichts.
…und an dieser Stelle war mein Text plötzlich weg.
Ein Zeichen, dass ich auch das alles nicht schreiben soll? Nein, ich habe mir die Mühe gemacht, ihn erneut zu schreiben. Vielleicht ist er wichtig für mich und deswegen darf ich ihn zweimal schreiben.
Vorgestern hat mir Kali ein Lied geschickt: „Read all about it“ von Emeli Sandé. Ich mochte dieses Lied immer schon, wegen der Melodie, auf den Text hatte ich nie geachtet. Zum ersten mal habe ich vorgestern auf den Text gehört und er hat mich zutiefst berührt:
You’ve got the words to change a nation
But you’re biting your tongue
You’ve spent a life time stuck in silence
Afraid you’ll say something wrong
If no one ever hears it how we gonna learn your song?….
Seitdem läuft das Lied bei mir in Dauerschleife und ich möchte es mit euch teilen.
…So put it in all of the papers,
I’m not afraid
They can read all about it
Read all about it …
Hier gehts zum Musikvideo von Emeli Sandé – Read All About It
~ Sandra Zacherl, www.sandrazacherl.de
Bild: Picjumbo
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3 Antworten zu “Was darf ich sagen? Was darf ich schreiben?”
Danke für das Zeigen deiner Zweifel, Sandra! Es sind die gleichen, die mich quälen. Haha … ich habe auch einen Scorpion Aszendenten. Wir sind auf dem Weg …
Liebe Grüße Katrin
<3
[…] von womanessence bringt es auf den […]