Womanessence Retreats & Womencircles

Claudia Taverna

Vergebung – Männer bitten Frauen um Vergebung!


…eine Antwort von Grit Scholz (Lebensgutverlag):

„Diese Vergebung hatte einen spontanen Schreibreflex in mir ausgelöst… So als wollte ich sagen – liebe Männer, ich als Frau liebe und schätze euch, aber ich sehe ich auch euer Dilemma, weil ich selbst ein Stück davon in mir selber trug. Seid nicht zu hart mit euch – habt euch lieb! Das was geschehen ist, dass die männliche Energie die Weibliche verdrängte und damit die ganze Welt aus dem Gleichgewicht geraten war – ist nicht eure Schuld… Sondern der Weg, den wir alle gemeinsam beschreiten, der Weg, der uns erwachen lässt und immer größere Zusammenhänge erkennen lässt.

Ich erforsche seit vielen Jahren meine eigene Weiblichkeit und die feminine Energie im Allgemeinen.
Vor 10 Jahren wurde mir bewusst, dass ich bei meiner Forschung auch die Männlichkeit mit einbeziehen musste, denn auch wenn jede Energie für sich steht – kann sie doch ohne die andere nichts bewirken.

Ich konnte immer besser erkennen, wie unglaublich schwer und hart es für Männer sein musste, einerseits mit dem Erbe ihrer Ahnen zu leben und andererseits sich selbst in ein völlig verdrehtes und lebensfeindliches Bild von „Mann sein“ hinein zu verbiegen, was unsere Kultur im Laufe der Jahrhunderte geschaffen hatte…
Wie konnte ein Mann dabei ein offenes Herz bewahren? Das, was wir Frauen uns so sehr wünschten, bei einem männlichen Gegenüber und meist sehr vermissten.

Damals erkannte ich, dass wir Frauen endlich aufhören müssen, den Männern und aller männlichen Energie mit Vorwurf zu begegnen und all unsere eigenen Unfähigkeiten und Schmerzen daran fest zu machen, dass uns die unterstützende, nährende, liebevolle männliche Energie fehle – von der wir uns abhängig und somit als Opfer fühlten…

Es fühlte sich so aussichtslos an, so als könnten wir selber nichts an diesem Dilemma ändern,
wenn die Männer sich nicht endlich änderten…Aber wie sollten die Männer sich in einem Feld wie diesem (Dunkles aus der Vergangenheit, Druck in der gegenwärtigen Kultur und Vorwurf von der weiblichen Seite) jemals ändern können, ihr Herz öffnen können? Ein Mann der unter diesen Umständen sein Herz öffnete, lief Gefahr dabei umzukommen. Welches Herz hätte diese Gefühle aushalten können, die sich da über tausende Jahre angestaut hatten?

Plötzlich empfand ich diesen Wunsch, die Männer mögen endlich mal ihr Herz öffnen, fast unverschämt. Denn wie sollten sie das unbeschadet tun?

Ich spürte eine große Verbundenheit zur maskulinen Energie, als ich meine eigenen männlichen Anteile mehr und mehr bewusst erkannte. Mit Schrecken stellte ich fest, dass ich selbst auf vielen Ebenen mehr Mann als Frau war. Dass die männliche Energie in meinem eigenen Leben und Sein, meine Weiblichkeit mehr und mehr verdrängt hatte. Ich konnte erkennen, dass ich selbst, für meine ganz urweiblichen Anteile kaum Wertschätzung und Achtung empfunden hatte, sondern im Laufe meines Lebens dabei gewesen war, all das abzuschaffen, es mir abzugewöhnen, weil es nur störend, schmerzhaft und behindernd wirkte – in dieser Gegenwart, mit ihren Werten und ihrer Geschwindigkeit. Ich hatte selber mein weibliches Sein unterdrückt, misshandelt und manchmal sogar verflucht.

Weil ich mir selber die Wertschätzung und Liebe, für mein weibliches Sein nicht geben konnte, dachte ich, der Mann müsste mir dies geben und fühlte mich immer wieder sehr enttäuscht. Dieser Zusammenhang schockierte mich regelrecht. Ich verlangte vom Mann etwas, was ich selber nicht konnte. Das war verrückt.

Damals sah ich mein Wesen – wie von aussen – und ich sah, wie ich mich selbst jahrelang gequält hatte, wie unachtsam ich mit mir war, wie lieblos, wie rücksichtslos. Ich erkannte, zu was ich mich alles gezwungen hatte, wie sehr ich mich verbogen hatte, wieviel Schmerz ich mir selber zugefügt hatte – weil ich mir nicht erlaubte, meine Weiblichkeit zu leben, weil ich das alles nicht fühlte, weil ich mich gezwungen sah, anders zu sein, als ich bin. Ich weinte sehr viel und sehr lange, ich schwankte zwischen Selbstvorwurf und Vergebung, zwischen Entsetzen über diese Erkenntnis und tiefer Freude und Dankbarkeit.

In dieser Zeit wurde ich schwanger, ein lang ersehntes großes Geschenk für mich. Ich litt schwer an Borreliose,so dass die Schwangerschaft sehr kompliziert verlief und mich viel Kraft kostete, doch am Ende war da ein wunderbares Kind. Kurz nach der Schwangerschaft wurde meine Gebärmutter entfernt und danach hatte ich eine Halswirbel OP, wegen defekter Bandscheibe und Nervenschaden.
Rückblickend betrachtet, ist das alles vollkommen logisch – doch innerhalb dieser Zeit, fühlte ich mich hilflos und verwirrt – so als hätte alles, auf was ich mich jemals verlassen konnte, seine Verlässlichkeit verloren, einschließlich mich selbst und meinen Partner.
Es begann eine Phase in meinem Leben, in der ich mich neu erfinden musste und ich hatte wie durch ein Wunder, eine tiefe und zärtliche Liebe zu mir selbst entdeckt, die mich auf Händen trug. Das mag vielleicht seltsam klingen, aber genau so fühlte es sich an.
Etwas in meinem Innersten begann mich liebevoll und wertschätzend zu unterstützen, gab mir Zeit, gab mir Raum, erinnerte mich – wenn ich in alte Muster abrutschte, die mir selber Schmerz zufügten, die mir selbst gegenüber lieblos waren. Dieses Etwas in meinem inneren schärfte meinen Blick für mir bisher Unsichtbares, das erfüllte mich mit Freude und Ehrfurcht. Ich konnte zuschauen, wie mein Wesen heil wurde, wie meine Weiblichkeit sich zu entfalten begann, wie ich ein Gleichgewicht in mir fand, zwischen meinen männlichen Energien und meinen Weiblichen. Wie mich all dies mit tiefer Freude und Dankbarkeit erfüllte.

Der Wunsch nach einem Partner, der mich liebend unterstützen solle – verschwand aus meiner Wunschkiste. Mir war, als wäre das nicht mehr notwendig, als wäre ich mir selbst genug. Aber in Wirklichkeit konnte ich mir damals einfach keinen Mann vorstellen, der mir etwas geben konnte – was ich mir nicht selbst viel besser geben konnte.
Wenn Männer und geliebte Freunde für längere Zeit (mehrere Tage) an meiner Seite waren, spürte ich oft etwas wie eine Störung. Ich empfand es anstrengend, bei mir zu bleiben, rutschte schnell in alte Muster, empfand dann Ärger – es tat mir einfach nicht gut und ich vermied es, mich solchen Situationen auszusetzen – mir selbst zu liebe.

Heute denke ich, auch das war logisch, denn ich brauchte Zeit mit mir alleine, ungestörten Raum – um mich in mir einzurichten, um mir selbst ganz vertraut zu werden.

In der Prozessarbeit mit anderen Frauen konnte ich sehen, dass diese Thematik nicht meine persönliche war, sondern eine Kollektive, denn ganz viele Frauen machten ähnliche Erfahrungen, jede auf ihre ganz individuelle Weise. Doch der Kern – sich selbst lieben zu lernen, die eigene Weiblichkeit frei und weich zu entfalten und darin gehalten zu sein und dadurch ein inneres Gleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Energien schaffen zu können, war gleich.

Heute fühle ich mich offen und neugierig, einem Mann tiefer zu begegnen. Würde ich mein Gleichgewicht wieder verlieren? Würde ich mich wieder zurück ziehen müssen, weil es mir ohne Mann an der Seite einfach viel lebendiger, glücklicher und zufriedener geht? Ich habe keine Ahnung – aber ich würde es gern herausfinden.

Meine Vision ist die, dass wir Frauen und Männer ganz frei werden in unseren Energien und damit spielen können – jenseits der bisherigen Rollenverteilung, aber auch mit den klassischen Rollen. Wenn wir zu Menschen werden, die in der Lage sind, in sich selbst ein Gleichgewicht herzustellen, also nicht mehr zwingend von aussen etwas brauchen… dann enden Abhängigkeiten, Vorwürfe, Missbrauch und all diese Dinge, die aus dem Ungleichgewicht entstanden waren.
Die Zeit ist reif, für neue Beziehungen, für Leichtigkeit, für echte Hingabe, für ein Miteinander, eine Verbundenheit, wie es jedes Herz in seinem tiefsten inneren empfindet.

~ Grit Scholz, www.lebensgut-verlag.de

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